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„Auf der Suche nach ESG-konformen Investments brauchen Anleger Orientierung“

Dr. Pamela Hoerr ist Vorstandsmitglied der Real I.S. AG und seit 20 Jahren im Fondsmanagement tätig. Mit uns spricht sie über die vielfältigen Anforderungen an zeitgemäße Flächenkonzepte, die richtige Strategie zur Vermeidung von Stranded Assets und ESG-konforme Immobilieninvestments.  

Die Corona-Pandemie hat bereits Spuren hinterlassen, doch viele Auswirkungen sind nach wie vor schwer zu prognostizieren. Was bleibt zurück?

Corona hat uns allen gezeigt, wie wichtig es ist, den Markt genauestens zu beobachten, um attraktive Investmentchancen frühzeitig zu nutzen. Denn es gibt sie durchaus, auch in einer so unvorhersehbaren Krise wie der Corona-Pandemie. Wir zählen zum Beispiel hochwertige Büroflächen in Top-Lagen dazu, die eine ungebrochen hohe Nachfrage verzeichnen. Insgesamt aber sind die Qualität einer Immobilie und die Lage, also die zwei grundlegenden Aspekte, wichtiger denn je und entscheidend für die langfristige Vermietbarkeit und Wertstabilität einer Immobilie. Was auf jeden Fall bleiben wird, ist das Bewusstsein, wie wichtig eine hohe Flexibilität und der Mut sind, um Konzepte anzupassen und mit innovativen Investmentlösungen rechtzeitig auf Veränderungen zu reagieren. Dafür ist ein aktives Assetmanagement wichtig. Es muss nah an den Mietern sein, sich mit den Geschäftsmodellen auskennen, veränderte Bedürfnisse aufspüren und auf diese adäquat und frühzeitig eingehen, zum Beispiel mit modernen und flexiblen Flächenkonzepten für neue Arbeitsformen. Was uns die Pandemie bislang aber auch gelehrt hat, ist, den persönlichen Austausch wertzuschätzen. Corona hat zwar Trends wie die Digitalisierung beschleunigt, zugleich hat es unser Bewusstsein für die Bedeutung des persönlichen Austauschs geschärft. Die Potenziale, die das Assetmanagement dadurch heben kann – für stabile Mieteinnahmen und schließlich für ein erfolgreiches Immobilieninvestment –, sind nicht zu unterschätzen.

Die Taxonomie und die ESG-Konformität bringen vollkommen neue Anforderungen mit sich. Wie reagieren Anleger darauf und wonach suchen sie?

Anleger suchen vor allem nach attraktiven Investmentmöglichkeiten, die wertstabil sind und überschaubare Risiken bieten. Die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben bei Immobilieninvestments ganz klar eine immer größere Bedeutung. ESG-konforme Immobilien und Produkte werden auch für Anleger immer wichtiger. Schließlich spielt die Immobilienbranche eine Schlüsselrolle für das Erreichen des Klimaziels der EU, bis 2050 klimaneutral zu sein. Mehr als ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU entfallen nach Angaben der EU-Kommission bislang auf Gebäude.  

Auf der Suche nach ESG-konformen Immobilieninvestments brauchen Anleger Orientierung. Die EU hat zwar mit der Taxonomie- und Offenlegungsverordnung einen wichtigen Schritt unternommen, Kapitalanlagen in eine nachhaltige Richtung zu lenken und Transparenz darüber zu schaffen, was ökologisch nachhaltig ist. Aber nach wie vor ist die Vergleichbarkeit von Daten ein Problem. Da kommen vorhandene Benchmarksysteme an ihre Grenzen, weil sie ESG noch nicht vollumfänglich abbilden, häufig auf Standardwerten basieren und nicht das einzelne Objekt mit seinen Besonderheiten zum Beispiel im Hinblick auf die individuelle Nutzung betrachten. Wichtig ist es, die Objekte noch einmal genau zu prüfen und die Ergebnisse zu interpretieren. Wir nutzen zum Beispiel neben unserem eigenen – von der BaFin akzeptierten – Scoringmodell zusätzlich den „Carbon Risk Real Estate Monitor“ (CRREM), ein Analysetool der EU. Dies gibt uns Anhaltspunkte dafür, welche Immobilien innerhalb der geplanten Haltedauer die Klimaziele erfüllen beziehungsweise bei welchen Objekten der größte Handlungsbedarf besteht. Wir sehen dadurch, welche Objekte genauer untersucht werden müssen. Anschließend durchlaufen diese eine detaillierte Analyse mittels Energieaudit, einer gebäudespezifischen technischen Untersuchung zur Ermittlung der möglichen Sanierungsmaßnahmen und entsprechenden Kosten. Aber dabei sind ganz klar die Assetmanager gefragt, eine genauere Analyse und Auswertung vorzunehmen, um eine belastbare Datengrundlage zu erhalten und Klarheit beziehungsweise Transparenz für Anleger zu schaffen, inwiefern Immobilieninvestments ESG-konform sind. Unser Ziel ist, den Investoren Produkte anzubieten, die den Nachhaltigkeitskriterien entsprechen.

„Manage to ESG“ ist das wirksamste Instrument gegen „Stranded Assets“. Wie sieht die Strategie der Real I.S. aus?

Wir schauen uns vor allem den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie an und nicht nur die Betriebsphase. Zudem sprechen wir anstelle von „Stranded Assets“ bei Real I.S. von „verfehlenden Assets“, also Immobilien, die während der Investitionsdauer die Pariser Klimaziele verfehlen und unserem hausinternen ESG-Scoring nicht gerecht werden. Wichtig ist, die starre Dauerhaftigkeit aus der Betrachtung abzulegen, denn es gibt oftmals Möglichkeiten für Sanierungsmaßnahmen zur Erfüllung des Pariser Klimapfads, die sich über die Haltedauer amortisieren. Wir schätzen „manage to ESG“ als ein sehr wichtiges Instrument ein für den Aufbau eines nachhaltigen und werthaltigen Immobilienportfolios. Man muss aktiv mit den Immobilien arbeiten, zunächst ist deshalb eine genaue Bestandsaufnahme notwendig. Wir haben unser gesamtes Portfolio analysiert. Das ist essenziell, um einschätzen zu können, bei welchen Immobilien innerhalb der geplanten Haltedauer Klimaziele verfehlt werden und welcher Sanierungsbedarf besteht – und ob Sanierungsmaßnahmen überhaupt wirtschaftlich durchführbar sind innerhalb der Haltedauer der Immobilie. Die Frage ist dann, wo setzen wir am besten an, um die Energiebilanz und die Emissionen einer Immobilie zu verbessern. Nicht immer sind große Sanierungsmaßnahmen notwendig. Einiges lässt sich relativ schnell umsetzen, wie die Umstellung der Beleuchtung einer Immobilie auf LED oder die Umstellung auf Ökostrom. Und durch die Optimierung der Steuerung der meist anspruchsvollen Gebäudetechnik können wir bereits Einsparungen von bis zu 30 Prozent erzielen. Wir setzen dabei zum Beispiel auf innovative digitale Lösungen wie künstliche Intelligenz, um CO2-Emissionen effizient zu reduzieren und um die Attraktivität der Objekte zu erhöhen – für Investoren und auch für Mieter. Insgesamt haben wir Nachhaltigkeit als wichtigsten Teil unseres Leitbilds verankert und uns klare Klimaziele gesetzt: Klimaneutralität wollen wir als Unternehmen bis 2030 erreichen und bis 2050 für das gesamte Immobilienportfolio.

Vielen Dank für das Interview!

Über Dr. Pamela Hoerr:

Seit 2020 ist Dr. Pamela Hoerr bei der Real I.S. AG für das Asset und Fund Management verantwortlich. Bevor sie zu REAL I.S. kam, hat sie das Asset Management der PATRIZIA geleitet und war als Geschäftsführerin und Mitglied der Geschäftsleitung für das Luxemburger Büro der PATRIZIA verantwortlich. Sie selbst beschreibt sich als „analytischer, erfahrener Real Estate Investment Executive mit einem warmen Herzen“.

Frau Dr. Pamela Hoerr ist Mitglied des Royal Institute of Chartered Surveyors (MRICS).

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Kirsten Adrian
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Head of Marketing