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„Wir brauchen einen Neustart der Baupolitik“

Die ganze Welt steckt in der Corona-Krise, Wirtschaft und Gesellschaft leiden. Wie schätzt der ZIA die Situation der Immobilienwirtschaft und seiner Mieter ein?

Die Gesamtsituation ist angespannt, auch wenn die Auswirkungen nicht alle in gleichem Maße betreffen. Besonders Nutzungsarten wie Handels- und Hotelimmobilien stehen aufgrund der Kontaktbeschränkungen und des Lockdowns zum Teil unter hohem Druck. Das trifft auch die Innenstädte. Der ZIA hat dafür bereits eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe zusammengestellt, die sich im Speziellen mit den Themen Monokulturen und der Etablierung verschiedener Nutzungsarten in Innenstädten beschäftigen. Gerade für leerstehende Handelsflächen brauchen wir clevere Nachnutzungskonzepte, da viele Läden nicht mehr aufmachen werden. Da braucht es schnelle Lösungen, damit die Attraktivität der Innenstädte nicht sinkt und weitere Schließungen mit sich bringt. Eine gute Chance für eine Stabilisierung der Immobilienwirtschaft sehen wir beispielsweise in der Steigerung der Städtebauförderung.

Sind die politischen Hilfsmaßnahmen ausreichend oder hat sich der ZIA mehr erhofft?

Die letzten vier Jahre waren sehr stark von Regulierung geprägt. Soll es vorwärts gehen, brauchen wir jetzt einen kompletten Neustart in der Baupolitik. Besonders in der Pandemie kam Hilfe vielerorts nicht an. Die versprochenen Hilfspakete für Unternehmen haben teilweise überhaupt nicht gegriffen, weil sich dort die Umsatzdeckelung oder die Einordnung in bestimmte Handelsbereiche für Unternehmer negativ ausgewirkt haben. Hier setzt der ZIA an und fordert gezielt eine Erhöhung des europarechtlichen Beihilferahmens.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die Regulierungen zur Öffnung des Handels während der Pandemie. Die reine Betrachtung des Inzidenzwertes als einzigen Parameter für die Öffnung und Schließung von Betrieben heranzuziehen, halten wir für zu kurzsichtig. Viele Unternehmen haben effektive Hygienekonzepte entwickelt und sich Gedanken gemacht. Wir hoffen, dass das bei einer möglichen vierten Welle in die Entscheidungen einbezogen wird.

Was bleibt zurück, wenn die Pandemie geht?

Das muss man wirklich für jede Nutzungsklasse separat betrachten. In erster Linie setzten sich die bereits bestehenden Trends im Wohnimmobiliensektor weiter fort. Junge Menschen zieht es in die Städte und ältere in den ländlichen Raum, immer öfter auch außerhalb der Metropolregionen. Für Handel und Hotel ist die Situation schwierig. Viele Mieter werden aufgeben müssen. Das klingt erst einmal sehr negativ, bedeutet aber auch, dass wir die Chance haben Städte neu zu denken. Der absolute Gewinner ist Logistik. Mittlerweise wird es allerdings problematisch, neue Flächen dafür zu finden, vor allem weil Logistik weiter in die Städte rückt. Im Bürosektor zeigen sich auch Auswirkungen. Aber ich teile den pessimistischen Blick einiger Kollegen aus der Branche nicht. Home Office wird sich auf Dauer nicht als einzige Option durchsetzen. Die Menschen wollen wieder ins Büro und den persönlichen Austausch mit den Kollegen. Fest steht jedoch, dass sich die Anforderungen an Büroimmobilien ändern werden.

Welche einschneidenden Veränderungen kommen auf die Immobilienbranche mit der Bundestagswahl zu?

Wir rechnen mit einer starken Rolle der Grünen und einer verstärkten Fokussierung auf den Klimaschutz – auch im Gebäudesektor. Der ZIA steht der Politik dabei als starker Partner zur Seite. Wir sehen keinen Widerspruch zwischen Klimaschutz und Immobilienwirtschaft, sondern vielmehr großes Potenzial.

Eines unserer Ziele ist es, für einen Neustart der Baupolitik zu kämpfen. Entscheidend dafür ist der Aufbau eines eigenständigen, handlungsfähigen Bauministeriums. Besonders in den Bereichen Planung und Bau kann die Politik als Impulsgeber für den Klimaschutz und den Neubau fungieren. Was es dafür braucht, ist allerdings ein großer Deregulierungsschub. Aktuell gibt es über 20.000 unterschiedliche Bauvorschriften in Deutschland, von die wir erheblich reduzieren sollten. Die Niederlande beispielsweise hat im Vergleich deutlich weniger Bauvorschriften und ist dennoch sehr erfolgreich.

 

 

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Kirsten Adrian
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Head of Marketing