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Wohnungsmarkt im Wandel

Ein Gastbeitrag von Tim Schreiber, Head of Residential Rhein/Main bei NAI apollo

Seit 2010 bin ich in der Immobilienwirtschaft aktiv und kenne nichts anderes als jährlich steigende Kauf- und Mietpreise sowie kontinuierlich fallende Zinsen. Die Finanzkrise 2008 oder das Platzen der Dotcom Blase im Jahr 2000 kannte ich nur vom Hörensagen. Damals begann ich als Praktikant in einem kleinen, lokalen Maklerunternehmen und fand schnell Gefallen an der Wirtschaft rund um die Immobilie. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, ist, dass ich Teil eines nie da gewesenen „Runs“ werden würde. Es folgte ein Jahrzehnt im Immobilienrausch. Ein Markt, der Jahr für Jahr neue Umsatzrekorde brach, immer höhere Verkaufserlöse erzielte, Unternehmen in atemberaubender Geschwindigkeit empor stiegen ließ und den Unwägbarkeiten einer weltweiten Pandemie widerstand. Eine Branche im Partymodus.

Cut. Das Jahr 2022, explodierende Baukosten, Inflationswerte im hohen einstelligen Bereich, Verdreifachung der Zinsen innerhalb weniger Monate, rasant steigende Gas- und Ölpreise, Unterbrechungen der Lieferketten und ein andauernder Krieg in Europa, ausgelöst durch den Überfall Russlands auf die Ukraine.

Dies ist ein Teil der zahlreichen Einflüsse und Faktoren die aktuell auf den Immobilienmarkt wirken und diesen offensichtlich in ein Ungleichgewicht gestürzt haben. In meinen Gesprächen mit Projektentwicklern, Investoren, Finanzierern, Bewertern oder Maklern höre ich derzeit viel Ratlosigkeit und erlebe Zurückhaltung. Es ist ruhiger geworden. Wer kann, verabschiedet sich in den lang ersehnten Sommerurlaub und verschiebt Meetings auf Ende des Sommers. Wir erleben derzeit den Herzinfarkt einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Bundesrepublik.

Doch machen wir es uns nicht zu einfach, wenn wir die Gründe dieser Krise ausschließlich in den äußeren Faktoren suchen? War ein Teil dieser Entwicklung nicht abzusehen? Wenn ich heute Neubauvorhaben aus dem Jahr 2012 mit Neubauvorhaben aus 2022 vergleiche, dann muss ich mich doch sehr bemühen, um echte Unterschiede und Weiterentwicklungen zu erkennen. Wohin sind unsere Kreativität und der Innovationsgeist verschwunden? Sind wir uns noch der großen Verantwortung bewusst, die wir für die vielen Millionen von Menschen in Deutschland tragen?

Ich habe mich im Jahr 2010 auch für die Immobilienwirtschaft entschieden, weil mich die Vielfältigkeit der unterschiedlichsten Einflüsse begeistert haben. Für mich schien alles schier endlos. Daraus hat sich die letzten Jahre eine echte Leidenschaft und Berufung entwickelt die mich heute, wenn auch etwas ernüchtert, zuversichtlich auf das kommende Jahrzehnt blicken lässt.

Ja, es wird Verlierer geben. Aber es wird eben auch Gewinner geben, davon bin ich überzeugt. Und ich bin davon überzeugt, dass diese Krise zu einer lang überfälligen und dringend notwendigen Korrektur des Immobilienmarktes führen wird. Zukünftig müssen Zielgruppen exakter ausgearbeitet und definiert werden, Makro- und Mikrolagen viel genauer analysiert, neue Wohnformen und Bauweisen berücksichtigt werden. Vor allem aber müssen wir beginnen wieder Produkte zu kreieren die sich nicht nur stärker vom Wettbewerb abheben, sondern Menschen begeistern und für deren Bedürfnisse gestaltet werden, mit echtem Innovationsgeist und einem Blick über den eigenen Tellerrand hinaus.

Es wird Marktteilnehmer geben, die diesen Mut finden und sich aus der Deckung wagen. Darauf freue ich mich bereits jetzt und auf die Gespräche, die damit einhergehen.

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Kirsten Adrian
apollo real estate GmbH & Co. KG
Head of Marketing