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Falscher Fokus im Bundestagswahlkampf

Von Andreas Wende, Vorsitzender des Ausschusses Büroimmobilien beim ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

Die Sommerpause ist vorbei, der Bundestagswahlkampf hat begonnen. Am 24. September sind die deutschen Wählerinnen und Wähler dazu aufgerufen, das Parlament der 19. Legislaturperiode zu benennen. Traditionell haben sämtliche Parteien dafür ihre Forderungen verschriftlicht. Nahezu alle globalen Problemstellungen sind vertreten. Auch die Immobilienwirtschaft steht im Fokus der Parteien – weit mehr als noch vor vier Jahren.

Doch etwas fällt auf. Wenn Politiker von Immobilien sprechen, scheinen sie lediglich die Wohnungswirtschaft zu meinen. CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und die AfD – alle großen Parteien haben eigene Vorstellungen davon, wie sie die Wohnungsknappheit in den deutschen Groß- und Universitätsstädten nun endlich bekämpfen wollen. Dabei geht aber eine enorm wichtige Nutzungsart verloren, nämlich die Büroimmobilien.

In keinem Wahlprogramm findet sich auch nur ein kleines Indiz dafür, wie die Parteien in der kommenden Legislaturperiode die Entwicklung des Bürosegments motivieren wollen. Das ist ein verhängnisvoller Fehler. Schließlich ist jeder dritte deutsche Erwerbstätige auch Büronutzer. In Büros wird die Wertschöpfung betrieben, die die wirtschaftliche Stärke unserer Städte und Gemeinden ausmacht. Politiker sollten das wissen, schließlich findet auch ihre Arbeit größtenteils in Büros statt. Und dennoch scheinen sie nicht zu merken, dass die Verknappung nicht mehr nur Wohnungen betrifft.

Im aktuellen Frühjahrsgutachten des ZIA, das im Februar an die Bundesregierung übergeben wurde, haben die Immobilienweisen festgestellt, dass der Leerstand bei Büroflächen in den sieben größten deutschen Städten nur noch fünf Prozent beträgt. In München, Stuttgart und Berlin kann man bereits von einer faktischen Vollvermietung sprechen. Auch in den anderen Städten ist der Trend zu sehen. Die Zuwanderung in den Metropolen ist nicht nur eine Herausforderung für die Wohnungswirtschaft, sondern auch für das Bürosegment.

Aufgrund des falsch gesetzten Schwerpunkts des Gesetzgebers auf Wohnimmobilien riskieren wir nun, dass die gleiche Verknappung auch bei Arbeitsflächen entsteht. Man stelle sich nun die Auswirkungen vor: Unternehmen, die wachsen wollen, sind gezwungen, den Standort zu verlassen. Für die Arbeitnehmer bedeutet das mitunter längere Arbeitswege. Unternehmen, die sich neu gründen wollen, finden keine passenden Büroflächen in der Umgebung – zumindest zu passenden Mietpreisen. Die Gründer- und Innovationskraft wird dadurch beeinträchtigt – zum Nachteil der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der Kommunen.

Eine Büroverknappung hätte also enorme Auswirkungen auf unsere Städte. Und das muss der Gesetzgeber verhindern. Was wir also in der nächsten Legislaturperiode dringend benötigen, ist ein ganzheitlicher Blick auf unsere Städte. Wir benötigen Platz zum Leben, Arbeiten und Versorgen. Dafür muss die gesamte Immobilienwirtschaft unterstützt werden. Wohnungsprojekte dürfen nicht mehr bevorzugt behandelt werden, während Büroentwickler viele Monate oder gar Jahre auf eine Genehmigung warten müssen. Leerstehende Büroflächen in angespannten Märkten dürfen nicht mehr wahllos in Wohnraum umgewidmet, sondern müssen als Arbeitsflächen ertüchtigt werden.

Packen wir es an!

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