Logistikflächenmarkt im Rhein-Main-Gebiet mit Rückgang der Marktaktivitäten
- Flächenumsatz im dritten Quartal 2022 in Höhe von 85.400 m²
- Mit 272.000 m² in den ersten drei Quartalen niedrigstes Zwischenergebnis der letzten zehn Jahre
- Signifikanter Umsatzrückgang im Neubausegment sowie in großflächigen Clustern, Großabschlüsse oberhalb von 10.000 m² bleiben aber wichtigstes Flächensegment
- Logistikdienstleister umsatzstärkste Flächennachfrager vor dem Handel
- Teilmärkte im Süden und Osten des Gesamtmarktgebiets mit höchsten Umsatzanteilen
- Prognose 2022/2023: Prognosen sind beim gegenwärtigen Marktumfeld weiterhin schwierig, drohende Rezession wird Marktaktivitäten schmälern
- Geringes Flächenangebot vor allem im Neubausegment bleibt derzeit größte Problem
Frankfurt am Main, 19. Oktober 2022 – Der Lager- und Logistikflächenmarkt im Rhein-Main-Gebiet hat im dritten Quartal des Jahres an Schwung verloren. Nach Analyse des inhabergeführten Immobilienberatungsunternehmens NAI apollo beläuft sich der Flächenumsatz in den zurückliegenden drei Monaten auf 85.400 m². Mit dem Negativrekord im ersten Quartal des Jahres 2022 (44.300 m²) und dem zwischenzeitlichen Aufschwung zur Jahresmitte (142.000 m²) summiert sich das Umsatzresultat der ersten drei Quartale auf 271.700 m². „Ein schlechteres Neunmonats-Ergebnis gab es innerhalb der letzten zehn Jahre nicht. Somit wird auch das Zwischenresultat des Vorjahres, das im Herbst auf Rekordniveau lag, mit 56 Prozent ebenso wie das Fünfjahresmittel mit 46 Prozent mehr als deutlich untertroffen“, so Dr. Marcel Crommen, Geschäftsführer von NAI apollo. „Als zentralen Grund für diese Entwicklung sehen wir weiterhin das geringe bis gänzlich fehlende Flächenangebot, vor allem im großflächigen Neubausegment. Die nutzerseitige Nachfrage nach Lager- und Logistikflächen ist weiterhin groß, kann im Rhein-Main-Gebiet derzeit aber nicht bedient werden“, ergänzt Stefan Weyrauch, Co-Head of Industrial and Logistics bei NAI apollo.
Parallel wird allerdings der hiesige Markt immer stärker von den sich verschlechternden Marktbedingungen betroffen sein. Hohe Energie- und Rohstoffpreise sind für die Verkehrswirtschaft ein großes Problem. Ein sich auf den Konsum auswirkender Wirtschaftsrückgang wird ebenfalls deutlichere negative Folgen auf die Flächennachfrage haben. „Auf der anderen Seite führen die seit Beginn der Coronapandemie bestehenden Störungen bei den internationalen Lieferketten zu einem Überdenken der globalen Wirtschaftsstruktur. Von neuen einheimischen Produktionsstätten und einem anwachsenden Bedarf nach generellen Lagerungsmöglichkeiten wird der hiesige Markt wiederum profitieren können“, erläutert Dr. Konrad Kanzler, Head of Research bei NAI apollo.
Deutlich weniger Großabschlüsse
Entscheidend für den Rückgang des erfassten Flächenumsatzes ist eine Reduzierung der Marktaktivitäten in den großen Flächenclustern. So sind in den Segmenten unterhalb von 5.000 m² die Flächenumsätze im Vergleich zu den Vorjahren nahezu unverändert. Hier stehen aktuell rund 142.800 m² unter dem Strich (Q1-Q3 2021: 141.200 m² / Q1-Q3 2020: 140.500 m²). Im Bereich oberhalb der 5.000 m²-Marke sind im bisherigen Jahresverlauf neun Abschlüsse mit insgesamt knapp 130.000 m² erfasst worden. „Im Vergleich zum Vorjahresresultat stellt dies einen Rückgang von 72,8 Prozent und zu den ersten drei Quartalen 2020 von 46,4 Prozent dar. Das Flächencluster ‚>10.000 m²‘ bleibt mit einem Marktanteil von 32,6 Prozent dennoch das umsatzstärkste Segment im Betrachtungszeitraum. Es hat die marktprägende Dominanz aus den Vorjahren aber verloren“, so Weyrauch.
Eindeutig zum Tragen kommt hierbei das geringe Angebot durch neue Bauvorhaben. „In den ersten neun Monaten dieses Jahres konnten wir Abschlüsse von rund 70.000 m² in Neubauprojekten verzeichnen, wozu sowohl Eigennutzerbaustarts als auch Anmietungen in Projektentwicklungen zählen. Dies entspricht einem Marktanteil von 26 Prozent, der klar hinter dem Vorjahresergebnis von 46,5 Prozent zurückbleibt. Dabei sind im vergleichbaren Zeitraum 2021 rund 287.000 m² Hallenfläche in Projektierungen und damit rund 217.000 m² mehr als im jetzigen Jahr abgeschlossen worden“, sagt Kanzler. Dieser Rückgang in Höhe von 75,5 Prozent zeigt sich insbesondere im großflächigen Segment (> 10.000 m²). In diesem belief sich das Neubauvolumen im Vorjahr auf über 220.000 m². Im aktuellen Jahr ist dieses auf 49.000 m² gefallen. Mit Bestandsobjekten ist über alle Flächengrößen hinweg ein Flächenumsatz von 201.500 m² generiert worden. Auch dies ist im Jahresvergleich eine deutliche Abnahme, die mit 38,8 Prozent aber wesentlich geringer ausfällt als im Neubausegment.
Transport- Lager und Logistikdienstleister umsatzstärkste Flächennachfrager
Als wichtigster Flächennachfrager hat sich erneut die Transport-, Lager- und Logistikbranche erwiesen. Nach einem schwachen Jahresstart liegt deren Flächenumsatz nach dem dritten Quartal bei 120.400 m², was einem Marktanteil von 44,3 Prozent entspricht. Es folgt der Handel mit rund 81.500 m² bzw. 30 Prozent. Beide Branchen weisen im Vorjahresvergleich aber eindeutige Rückgänge des Flächenumsatzes von 48,3 bzw. 64,9 Prozent auf. Entsprechende negative Entwicklungen zeigen aber auch alle anderen betrachteten Unternehmensbereiche.
Zu den wichtigsten Teilmärkten im Rhein-Main-Gebiet zählen die traditionell starken südlichen Bereiche, die zusammen (Süd-West und Süd-Ost) einen Marktanteil von knapp 54 Prozent erreichen. Darauf folgen die beiden östlichen Teilmärkte Nord-Ost und Ost, die in den letzten beiden Vorjahren aufgrund von großflächigen Neubauentwicklungen in den Fokus des Marktgeschehens rückten. „Vergleichbare Vorhaben gibt es hier aktuell nicht, sodass der im Osten generierte Flächenumsatz von rund 272.000 m² im Vorjahr auf nun knapp 94.000 m² gesunken ist. Hierunter fällt mit der Anmietung einer knapp 40.000 m² großen Bestandsimmobilie durch B+S im interkommunalen Gewerbegebiet ‚Limes‘ der größte Abschluss des laufenden Jahres“, erläutert Kanzler.
Verschiedene Einflüsse treffen auf den Lager- und Logistikmarkt im Rhein-Main-Gebiet
Ein Ausblick auf die weitere Entwicklung des Lager- und Logistikmarkts im Rhein-Main-Gebiet bleibt auch zu Beginn des Herbstes schwierig. „Die zunehmende Energieverknappung sowie Verteuerung wirkt sicherlich bremsend auf die hiesigen Marktaktivitäten. Sollte eine im kommenden Jahr erwartete Rezession länger und tiefgreifender ausfallen, wird sich dies unter anderem in einem Konsumrückgang widerspiegeln mit entsprechenden weitergehenden Folgen für die Distribution von Waren. Aktuell ist die Nutzernachfrage nach Lager- und Logistikflächen aber weiterhin groß“, so Crommen. Als Folge der Lieferkettenproblematiken der vergangenen Monate wird zusätzliche Flächennachfrage generiert. So werden Möglichkeiten einer stärkeren Lagerhaltung unter anderem von Rohstoffen und Produktionsmaterialien gesucht, um Lieferengpässen kurzfristig besser begegnen zu können. Das aktuell größte Problem des Lager- und Logistikmarkts im Rhein-Main-Gebiet bleibt weiterhin der Flächenmangel. „Vor allem fehlt es an Hallenflächen oberhalb der 10.000 m²-Marke, die den Nutzeransprüchen entsprechen. Gleiches gilt für potenzielle Bauareale, die von der Lage und der Genehmigungsfähigkeit her für größere Logistikentwicklungen geeignet sind“, so Weyrauch. Dies wird sich auch zukünftig in einer positiven Mietentwicklung widerspiegeln, die durch hohe Grundstücks- und Baupreise zusätzlich gestützt wird.