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NAI apollo: Deutscher Wohnportfoliotransaktionsmarkt zum Jahresbeginn 2023 auf dem niedrigsten Niveau seit 2014

Frankfurt am Main, 05. April 2023 – Der Transaktionsmarkt für Wohnportfolios in Deutschland präsentiert sich zum Jahresanfang 2023 mit einem deutlich unterdurchschnittlichen Quartalsergebnis. Rund 2,0 Mrd. Euro sind in den vergangenen drei Monaten umgesetzt worden, was das schwächste Ergebnis seit dem zweiten Quartal 2014 darstellt. Das Vorquartalsresultat ist um annähernd 1 Mrd. Euro verfehlt worden, der Vorjahresstart sogar um über 2 Mrd. Euro. Noch deutlicher ist der Unterschied beim Erstquartalsvergleich der vergangenen fünf oder zehn Jahre. Hier liegt das Mittel bei 6,2 bzw. 5,6 Mrd. Euro und damit um 4,2 bzw. 3,6 Mrd. Euro über dem jetzigen Ergebnis.

„Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen sind die Marktaktivitäten auf dem Wohnportfoliomarkt deutlich zurückhaltender als in den Vorjahren. Die hohe Inflation und steigende Zins- bzw. Finanzierungskosten führen käuferseitig zur Notwendigkeit sinkender Preise, die verkäuferseitig aber weiterhin nur selten akzeptiert werden. Dies hat zu einem Einbruch des Transaktionsgeschehens geführt“, so Dr. Marcel Crommen, Geschäftsführer von NAI apollo. Vor allem die in den Vorjahren den Markt häufig dominierenden Immobilienaktiengesellschaften, die mit hohen Fremdkapitalanteilen erhebliche Bestände erworben haben und dabei für die großen Wohnportfoliotransaktionen verantwortlich waren, zeigen zurückhaltende Ankaufsaktivitäten. „Vor dem Hintergrund einer hohen Verschuldung, steigenden Zinsen und fallender Immobilienaktienkurse steht der Fokus nun auf Eigenkapitalsicherung und -erhöhung. Infolgedessen sind die börsennotierten Immobiliengesellschaften momentan auch stärker auf der Verkäuferseite aktiv und werden dies in den kommenden Monaten auch weiter ausbauen. Dementsprechend dominieren eigenkapitalstarke Anleger vor allem aus dem Inland das aktuelle Marktgeschehen. Potenziale ergeben sich durch die auch weiterhin steigenden Mieten, wodurch sich die Ertragsperspektive verbessert“, so Stefan Mergen, geschäftsführender Gesellschafter der apollo valuation & research GmbH. Der Wohnraumbedarf in Deutschland ist nicht nur groß, er nimmt auch immer weiter zu. Die von der Bundesregierung vorgegebenen Neubauziele werden bei weitem nicht erreicht. „Gleichzeitig wächst die Nutzernachfrage nach Mietwohnraum, u.a. durch die hohe Flüchtlingszuwanderung, aber auch durch einen Anstieg ehemals potenzieller Eigenheimkäufer, die sich dies allerdings vor dem Hintergrund der aktuellen Bauzinssituation immer seltener leisten können und nun wieder auf den Mietmärkten in Erscheinung treten“, ergänzt Dr. Konrad Kanzler, Head of Research bei NAI apollo.

Anstieg des Transaktionsvolumens lediglich im Segment unterhalb der 10 Mio. Euro-Marke

Die Zahl der Transaktionen am Jahresanfang 2023 ist im Vorjahresvergleich um 63 Prozent zurückgegangen. Insgesamt wechselten dabei in den vergangenen drei Monaten rund 7.600 Wohneinheiten den Eigentümer, was einer Abnahme von rund 56 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal entspricht. Analog zum Vorjahresquartal fanden keine Großtransaktionen oberhalb der 500 Mio.-Euro-Marke statt. Mit Ausnahme der Klasse der kleineren Dealgrößen unterhalb von 10 Mio. Euro, bei der das Vorjahresniveau erreicht wurde, sind in allen weiteren Umsatzgrößenclustern Rückgänge von ca. 20 bis fast 90 Prozent in Bezug auf das Transaktionsvolumen verzeichnet worden. „Der größte Marktanteil entfällt weiterhin auf die Kategorie ‘100 - <500 Mio. Euro‘. Insgesamt sind rund 1,4 Mrd. Euro in dieses Preissegment geflossen, was einem Marktanteil von 69,5 Prozent am Transaktionsvolumen entspricht. Im Vergleich dazu: im ersten Quartal 2022 erreichte dieses Segment mit 1,7 Mrd. Euro einen Marktanteil von 42,1 Prozent“, so Kanzler.

Verkaufsvolumen von Projektentwicklungen mit deutlichem Rückgang

Infolge der hohen Bau- und Finanzierungskosten haben in den vergangenen Monaten sowohl die Bauaktivitäten als auch das Transaktionsvolumen von Projektentwicklungen abgenommen. So ist das gehandelte Volumen im Vergleich zum Vorjahresquartal von 2,2 Mrd. Euro auf rund 630 Mio. Euro gesunken. Im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen fünf Anfangsquartale bewegt sich das Minus bei rund 60 Prozent. „Hohe Baukosten machen große Preisabschläge aufseiten der Projektentwickler unmöglich, Käufer wiederum müssen hohe Finanzierungskosten einpreisen. Käufer und Verkäufer finden somit immer seltener zusammen, was den Projektentwicklermarkt derzeit nahezu zum Erliegen bringen lässt. Gestützt wurde das jetzige Resultat noch von mehreren Abschlüssen, die direkt zum Jahreswechsel stattfanden. Ohne diese wäre der Einbruch noch deutlicher gewesen“, erläutert Mergen.

Gruppe der Assetmanager und Fondsmanager mit wachsendem Ankaufsvolumen, Projektentwickler und Bauträger trotz deutlicher Einbußen stärkste Verkäufergruppe

Bei Unterscheidung nach Investorentypus stellen in den ersten drei Monaten des Jahres mit 680 Mio. Euro bzw. einem Marktanteil von 34,5 Prozent bezogen auf das gesamte Transaktionsvolumen die

Asset- und Fondsmanager die stärkste Käufergruppe dar, die zudem ihren Marktanteil im Vergleich zum Vorjahr mit einem Plus von 23,7 Prozentpunkten am stärksten steigern konnten. Besonders bemerkenswert sind zudem die Ankaufsaktivitäten der Gruppe der (eigenkapitalstarken) Privatinvestoren und Family Offices, deren Marktanteil sich auf 25,1 Prozent ausgeweitet hat und die mit einem Umsatz von knapp unter 500 Mio. Euro nun den zweiten Platz belegen.

„Verkäuferseitig sind trotz der aktuell schwierigen Marktsituation und einer deutlichen Abnahme des absoluten Transaktionsvolumens in Höhe von über 75 Prozent die Projektentwickler mit einem Marktanteil von 32,7 Prozent weiterhin die wichtigsten Akteure, auch weil Transaktionen, die bereits länger im Vorjahr vorbereitet wurden, nun zum Abschluss gekommen sind. Darauf folgen die Asset- und Fondsmanager, die mit über 580 Mio. Euro nahezu das Vorjahresniveau erreichen konnten“, so Kanzler. Eine im Vorjahresvergleich deutliche Zunahme des absoluten Verkaufsvolumens weisen mit einer mehr als Verfünffachung die Immobilienaktiengesellschaften auf, die nun verkäuferseitig mit rund 460 Mio. Euro aktuell den vierten Rang einnehmen.

Deutsche dominieren weiterhin den Markt, trotz einer Halbierung des Transaktionsvolumens

Hinsichtlich der Investorenherkunft überwiegen auf dem deutschen Wohnportfoliotransaktionsmarkt in den ersten drei Monaten 2023 erneut die einheimischen Investoren. Absolut zeigt sich aber auch hier im Vorjahresvergleich eine Abnahme von 3,5 Mrd. Euro im ersten Quartal 2022 auf nun 1,6 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Marktanteil von 80,7 Prozent, der damit um 4,1 Prozentpunkte gesunken ist. Entsprechend ist der Anteil ausländischer Anleger auf 19,3 Prozent gestiegen. Aber auch bei diesen ist das absolute Volumen mit einem Minus von 38,6 Prozent signifikant auf nun 380 Mio. Euro zurückgegangen.

Marktaktivitäten bleiben auch in den kommenden Monaten auf niedrigem Niveau

Die Folgen des Ukrainekriegs mit Abflachung der konjunkturellen Entwicklung, Inflation und rapiden Zinsanstieg haben den Markt für Wohnportfolios mittlerweile fest im Griff. „Transaktionsprozesse erweisen sich als langwierig und werden oftmals abgebrochen. Angesichts der hohen und aller Wahrscheinlichkeit weiter steigenden Finanzierungskosten werden von potenziellen Käufern deutliche Preisabschläge gefordert, die bisher nur von einer Minderheit der Verkäufer akzeptiert werden. Die in den Vorjahren dominierenden Investorengruppen, allen voran die börsennotierten Immobilienunternehmen, haben ihre Ankaufsbestrebungen weitestgehend auf Eis gelegt und setzen auf Konsolidierung, infolgedessen diese auch größere Bestände auf den Markt bringen werden. Die Verunsicherung am Markt bleibt auch in den kommenden Monaten groß und wird durch neue gesellschaftliche Diskussionen und politische Vorgaben hinsichtlich Nachhaltigkeit bzw. Energieeffizienz weiter verschärft“, sagt Crommen. Gleichzeitig sprechen die guten Rahmendaten unverändert für Investments in den deutschen Wohnungsmarkt. Das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage ist groß und nimmt aufgrund der positiven Einwohnerentwicklung bei gleichzeitig abnehmenden Neubauaktivitäten weiter zu. „Zu beobachten ist, dass neben dem begehrten Core-Segment auch im Value-Add die Nachfrage in den letzten Monaten erstarkt ist. Das Risiko ist zwar höher, jedoch bieten sich größere Wertsteigerungspotenziale bei entsprechenden Manage-to-ESG-Strategien und somit attraktivere Renditechancen im Vergleich zu Transaktionen im Core-Segment“, so Crommen weiter. Das in den letzten Jahren so wichtige Projektentwicklergeschäft hat deutlich eingebüßt und wird noch weiter abnehmen, da neue Vorhaben kaum noch finanzierbar sind bzw. bei den gegenwärtigen Preisen keine Käufer finden werden. Die Herausforderungen werden somit vorerst nicht kleiner, so dass eine Prognose zur weiteren Marktentwicklung in den kommenden Monaten kaum möglich ist. „Unter der Prämisse, dass Inflation und Zinsen sich in den kommenden Monaten zeitnah stabilisieren, ist anschließend mit einem Ende der Preisfindungsphase zwischen Käufer- und Verkäuferseite zu rechnen. Wir gehen weiterhin mit einer Intensivierung der Marktaktivitäten in der zweiten Jahreshälfte aus, wobei eine weitere Verschiebung Richtung Jahresende immer wahrscheinlicher wird“, prognostiziert Mergen.

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