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Wohnportfoliomarkt Deutschland: Jahrestransaktionsergebnis 2022 mit 13,2 Mrd. Euro auf dem niedrigsten Niveau seit 2015

Frankfurt am Main, 09.01.2023 – Der Transaktionsmarkt für Wohnportfolios in Deutschland hat nach Analyse von NAI apollo das Jahr 2022 mit einem unterdurchschnittlichen vierten Quartal beendet. Rund 2,9 Mrd. Euro sind in den vergangenen drei Monaten umgesetzt worden, was einen geringen Rückgang um rund 140 Mio. Euro im Vergleich zum Vorquartal darstellt. Damit ist es im Schlussquartalsvergleich der vergangenen fünf Jahre (Mittelwert: 9,9 Mrd. Euro) das mit Abstand schwächste Ergebnis. Das Jahresvolumen 2022 summiert sich auf rund 13,2 Mrd. Euro. Ein niedrigeres Resultat wurde zuletzt im Jahr 2014 registriert., als 13,1 Mrd. Euro umgesetzt wurden. Das Rekordjahr 2021 (50,9 Mrd. Euro, davon rund 17 Mrd. Euro ohne Megadeals größer 500 Mio. Euro) und der Fünfjahresdurchschnitt (25,1 Mrd. Euro) werden vor allem aufgrund der geringen Zahl an Abschlüssen größer als 500 Mio. Euro deutlich unterschritten. In diesem Segment kann lediglich die Mehrheitsübernahme von der S IMMO AG durch die CPI Property Group genannt werden. Im Rahmen der Analyse sind dabei vom Gesamtportfolio die deutschen Wohneinheiten anteilig nach Ende des Annahmeangebots an die S Immo-Aktionäre im November berücksichtigt worden.

„Käufer und Verkäufer befinden sich weiterhin in einer Preisfindungsphase und agieren aufgrund der aus dem Ukraine-Krieg resultierenden steigenden Finanzierungskosten und der drohenden Rezession in den kommenden Monaten deutlich verhaltener als in den Vorjahren. Gleichzeitig nimmt das Ungleichgewicht zwischen Wohnraumangebot und Nachfrage infolge einer wieder verstärkten Zuwanderung bei gleichzeitigem Rückgang der Neubaufertigstellungen weiter zu. Dies wird mittel- bis langfristig motivierend auf das Marktgeschehen wirken“, so Dr. Marcel Crommen, Geschäftsführer von NAI apollo. Vor allem in den Ballungsräumen sind aktuell deutlichere Mietsteigerungen feststellbar, was sich stabilisierend auf die fallenden Kaufpreisfaktoren auswirkt. Zudem ist eine schnellere wirtschaftliche Erholung zu erwarten. „Zwar steuert Deutschland auf eine Rezession zu, doch diese wird nach neuesten Prognosen nicht so tief ausfallen, wie es noch vor wenigen Monaten angenommen wurde. Daneben sollte sich die Zinsentwicklung mittelfristig stabilisieren. Somit ergibt sich für viele Investoren in langfristiger Sicht eine Verbesserung der Ertragsperspektive. Außerhalb der Wachstumsregionen erwarten wir aber auch weiterhin eine eher zurückhaltende Investitionsaktivität“, ergänzt Stefan Mergen, geschäftsführender Gesellschafter der NAI apollo valuation & research GmbH.

Erste Preiskorrekturen ersichtlich

Rund 63.800 Einheiten wechselten 2022 den Eigentümer. Weniger Wohnungen wurden zuletzt im Jahr 2010 gehandelt. „Dass sich die Marktaktivitäten so abgeschwächt haben, liegt vor allem an der abwartenden Haltung der Anleger infolge abweichender Preisvorstellungen auf Verkäufer- und Käuferseite, sowohl bei Bestandsankäufen als auch bei Neubauveräußerungen und Forward Deals. Vor allem die in den Vorjahren den Markt dominierenden Immobilienaktiengesellschaften zeigen zurückhaltendere Ankaufsbestrebungen, bieten aber große Bestände zum Verkauf an. Ein Rückgang der Preise wird mittlerweile zur Realität, vor allem bei Immobilien mit hohem Sanierungs- und Energiebedarf“, so Dr. Konrad Kanzler, Head of Research der NAI apollo. Lag der Preis pro Wohnung im ersten Quartal des Jahres noch bei 236.000 Euro, beläuft er sich im Jahresschnitt 2022 auf rund 206.000 Euro. Der Durchschnittspreis des Vorjahres, der vor allem von der Deutsche Wohnen-Übernahme durch Vonovia und weiteren Großtransaktionen geprägt wurde, ist damit aber um rund 18 Prozent überschritten worden. „Unterstützend zum weiterhin hohen Preisniveau hat sich vor allem der große Anteil an Verkäufen von Projektentwicklungen ausgewirkt, für die generell und angesichts der ESG-Konformität höhere Preise erzielt werden“, fügt Mergen hinzu.

Preissegment „100 < 500 Mio. Euro“ marktbestimmend

„Besonders auffällig bei den Investmentaktivitäten im abgelaufenen Jahr ist die geringe Bedeutung von Abschlüssen oberhalb der 500 Mio. Euro-Marke, die im Vorjahreszeitraum mit der Rekordsumme von 33,9 Mrd. Euro einen Marktanteil von 66,7 Prozent am Gesamtergebnis hatten“, verdeutlicht Kanzler. Der größte Anteil entfällt nun mit 36,2 Prozent bzw. rund 4,8 Mrd. Euro (2021: 6,9 Mrd. Euro) auf die Umsatzgrößenklasse „100 < 500 Mio. Euro“. Im mittelgroßen Segment („50 < 100 Mio. Euro“) sind insgesamt rund 3,2 Mrd. Euro (2021: 4,2 Mrd. Euro) umgesetzt worden. Auf Investments unterhalb von 50 Mio. Euro entfallen die restlichen rund 4,5 Mrd. Euro (2021: 5,9 Mrd. Euro). „Alle Größenklassen haben damit im Vorjahresvergleich Umsatzrückgänge verzeichnet. Dem Trend der letzten Jahre folgend haben auch 2022 die großen deutschen Metropolräume und Zuzugsregionen im Fokus der Investmentaktivitäten gelegen“, so Mergen.

Handel mit Projektentwicklungen auf hohem Niveau, aber mit abnehmender Tendenz

Die wichtigste Verkäufergruppe bilden mit einem Marktanteil von 45,0 Prozent erneut „Projektentwickler und Bauträger“. Allein auf Wohnbauprojekte, die bereits vor Fertigstellung veräußert wurden, entfällt ein Umsatzanteil von 33,7 Prozent im Schlussquartal und mit rund 5,6 Mrd. Euro insgesamt 42,6 Prozent im Gesamtjahr 2022. Hat der Anteil von Forward Deals am Gesamtvolumen damit im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen, ist das absolute Volumen eindeutig zurückgegangen (2021: 7,1 Mrd. Euro). Hieran zeigt sich vor allem der Mangel an handelbaren Projektentwicklungen. Das große Investitionsinteresse hat das diesbezügliche Angebot in den letzten Jahren schnell sinken und die Preise in die Höhe schnellen lassen. „Im Jahresverlauf 2022 haben sowohl die generellen Bauaktivitäten als auch der Handel von Projektentwicklungen abgenommen, wofür deren Verteuerung infolge von Zinsanstieg, Inflation sowie Bau- und Energiekostenanstieg als zentraler Grund anzusehen ist. So sank das durch Forward Deals generierte Transaktionsvolumen von 2,2 Mrd. Euro im ersten Quartal auf nun knapp unter 1 Mrd. im Jahresendquartal 2022“, sagt Kanzler. Hiervon werden moderne energieeffiziente Bestandsimmobilien am Transaktionsmarkt profitieren.

Auf Käuferseite vereinen die „Offenen Immobilienfonds & Spezialfonds“ im Gesamtjahr 2022 mit 37,6 Prozent bzw. rund 5 Mrd. Euro (2021: 8,3 Mrd. Euro) die größten Marktanteile auf sich. Es folgen die „Asset- & Fondsmanager“ mit 14,0 Prozent (2022: 1,8 Mrd. Euro / 2021: 2 Mrd. Euro) und die „Immobiliengesellschaften“ mit 12,8 Prozent (2022: 1,7 Mrd. Euro / 2021: 7,3 Mrd. Euro).

Deutsche Anleger dominieren das Transaktionsgeschehen, verlieren aber an Marktanteilen

Bei Betrachtung der Käuferherkunft zeigt sich, dass der Wohnportfoliomarkt 2022 wie auch in Vorjahren von deutschen Investoren geprägt worden ist. Allerdings hat das von Inländern getätigte Ankaufsvolumen von 40,9 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum auf nun 8,6 Mrd. Euro deutlich abgenommen. „Ausschlaggebend für diesen sehr starken Rückgang sind die Megaabschlüsse des Jahres 2021, an denen Einheimische überwiegend beteiligt waren. Aber auch im langfristigen Vergleich ist das jetzige Resultat unterdurchschnittlich. So haben deutsche Investoren zuletzt im Jahr 2012 ein niedrigeres Ankaufsvolumen erzielt. Ausländische Anleger waren in den vergangenen zwölf Monaten des gerade abgelaufenen Jahres für rund 4,6 Mrd. Euro des Ankaufsvolumens verantwortlich. Ihr Umsatz ist damit im Jahresvergleich mit rund 54 Prozent zwar ebenfalls deutlich zurückgegangen. Allerdings liegt es höher als in den Jahren vor 2020“, so Kanzler.

Intensivierung von Ankaufsaktivitäten im zweiten Halbjahr 2023 erwartet

Der Ausblick auf die Entwicklung des deutschen Wohnportfoliotransaktionsmarkts 2023 ist schwierig. „Zu erwarten ist eine weiterhin hohe Nachfrage nach Neubauentwicklungen. Allerdings bremsen hohe Bau- und Finanzierungskosten sowohl deren Realisierung als auch die Transaktionsaktivitäten. Daher rücken sowohl energieeffizientere Bestandsgebäude als auch Immobilien, die mit höheren Risiken behaftet sind, aber Wertsteigerungspotenziale bieten, vor allem innerhalb der Wachstumsregionen in den Fokus der Investmentsuche. Für 2023 sehen wir eine weitere Korrektur der Kaufpreise unterhalb der Rekordniveaus der Vorjahre. Einen marktübergreifenden starken Preiseinbruch erwarten wir aufgrund der anhaltenden Angebotsknappheit allerdings nicht“, fasst Crommen zusammen. Die gesellschaftlich vorangetriebene Bedeutungszunahme von Nachhaltigkeitsaspekten im Wohnungsbau wird laut Prognose von NAI apollo weitere Spuren in der Preisentwicklung hinterlassen. In diesem Zusammenhang gewinnt die Bewertung von Immobilien hinsichtlich des ESG-Sanierungspotenzials verstärkt und vor allem bei großen Bestandhaltern an Bedeutung. „Die Nutzernachfrage ist hoch, die Mieten steigen. Und die politisch gesetzten Ziele für den Wohnungsneubau werden bei weitem nicht erreicht, was den Transaktionsmarkt stützt. Gerade in Krisenzeiten stellt das Wohnungssegment ein sicheres und inflationsgeschütztes Investmentziel dar. Eine Erholung der Assetklasse Wohnen ist somit im Laufe des Jahres zu erwarten, sofern keine neuen exogenen Schocks eintreten“, so Mergen. Zudem ist vor allem bei der Gruppe der „Offenen Immobilienfonds und Spezialfonds“ Liquidität vorhanden und die Preisvorstellungen auf Buy- und Sell-Side nähern sich an. Dies sind zentrale Rahmenbedingungen, die voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2023 zu einer Intensivierung des Marktgeschehens führen. 

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